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Alan
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<one> Muskelschmerz Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Meine Schritte knirschten auf der kiesigen Einfahrt, sonst empfingen meine Ohren nur Natur. Mutige Vogelkinder streckten sich schreiend über die Nesterränder und warteten auf ihr Frühstück, während der herbstlich wirkende Nebel noch in Fetzen um meine Knöchel schwebte und in den Gräsern der Wiesen hing. Was für ein Sommer. Nicht, dass es mich stören würde – nass und kalt, damit konnte ich schon immer gut leben.
In mein Sichtfeld trat ein Parkplatz mit einigen schäbigen Autos und Fahrrädern, dahinter tauchten große Stallungen auf. Ein kurzer Blick auf meine Uhr verriet mir, dass ich vielleicht weniger träumen und mehr tun sollte. Noch 5 Minuten bis Antrittsbeginn. 5 Minuten bis 6 Uhr. Morgens. Eine Uhrzeit in der sich meine Kommilitonen noch einmal umdrehten, um dann bis 9 zu schlafen und um 11 langsam in der Uni auftauchten. In dem Moment lief eine junge, geschäftig wirkende Frau an mir vorbei. Sie warf mir einen kurzen Blick zu und guckte grimmig.
Nervös fuhr ich mir durch die Haare und war bemüht meine Fassung nicht zu verlieren. Ich schlenderte an einer Führanlage vorbei und versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, was der Trainer am Telefon gesagt hatte. Doch die Aufregung bohrte sich tief in mein Gehirn und blockierte den Rest. „Morg’n.“, sagte eine weibliche Stimme zu mir und eigentlich sah ich nur ein paar leuchtend grüne Augen vorbeihuschen. „Halt!“, sagte ich wie erwacht. Als sie sich umdrehte sah sie mich erschrocken an. Alan, seit wann redet man eine Frau mit einem gehetzten „Halt!“ an?
„Sorry.“, murmelte ich, sah sie aber weiter an. „Weißt du, wo ich den Stall von Carsten Ostwald finde?“ Dem leicht nervösen Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht wich ein erleichterter.
„Äh. Geh einfach an dem Reitplatz dort entlang. Da kommst du an einen L-förmigen Stall. Der Eingang gleich ganz vorn ist der vom Ostwald.“
„Danke.“, sagte ich leise, drehte mich weg und ging los.
Gut, dass du dich nach ihrem Namen erkundigt hast. So macht man sich Freunde, Alan.
Ich knirschte mit den Zähnen, zögerte kurz in einem Schritt und ging dann weiter auf mein Ziel zu. Die Stalltüren standen offen, im Vorraum brannte Licht.
Als ich den Stall betrat rauschte eine schlanke Frau an mir vorbei und rief „Morgen Trainer!“, dann verschwand sie in einem Raum und kam einige Sekunden später mit Sattelzeug wieder raus, das sie unachtsam vor die erste Boxentür schmiss und sich dann eine Mistkarre holte.
Ich hatte kaum gemerkt, wie ich im Stalleingang stehen geblieben war, aber der Mann, der vor einer großen Schultafel stand und ein Stück Kreide in der Hand herum rollte schien das nicht bemerkt zu haben. Ich trat zwei Schritte vor und dann sah er mich an. „Dachte schon, du magst vor der Tür stehen bleiben und traust dich nicht rein.“, sagte er und musterte mich einmal von oben bis unten.
„Guten Morgen.“, sagte ich vorsichtig lächelnd und trat noch einen Schritt auf ihn zu. „Das sind deine Pferde. Halt dich, was den Ablauf angeht an Chiara, sie erklärt dir alles. Ihr geht in 30 Minuten mit dem ersten Lot raus.“
Erst zögernd, dann sicherer werdend ging ich dort hin, wo die Schubkarre vor der Box stand. Ich sah in die Box hinein und mir flogen dreckige Späne entgegen. Schnell wich ich zurück. „Oh sorry, hab dich nicht gesehen!“, sagte sie und kam aus der Box. Sie musterte mich von Kopf bis Fuß und stützte sich dann grinsend auf den Mistgabelstiel. „Du bist der Neue, oder?“, fragte sie neugierig und rückte sich das Cappi zurecht, unter dem einige gelockte Strähnen hervorlugten. „Ja, ich bin Alan.“
„Chiara. Schnapp dir ne Mistgabel, ich zeig dir wie wir die Boxen machen.“
Gesagt, getan. Ich huschte zu ihr in die Box. Und dann redete sie mich in Grund und Boden. „Also ganz easy. Der erste der im Stall ist, gibt Heu, damit sie was zu beißen haben. Wir misten die Boxen richtig, wenn die Pferde nicht drin sind. So haben wir Ruhe und können schnell und ordentlich arbeiten. Smarty hier ist gerade in der Führmaschine. Er hat sein Rennen hinter sich und geht kein Training. Morgens ist hier immer erst die Schrittmaschine für Kranke und Läufer, wir machen dann die Buchten und gehen dann zum ersten Lot. Wenn die Pferde sich trocken laufen können wir die Buchten machen. Passt genau, weißt du?
Hab gesehen Trainer hat dir die kleine Chilli gegeben. Wir gehen immer zuerst mit den Stuten raus und dann mit den Männern. Wir haben aber viele Wallache deshalb ist das eigentlich egal.
Ach, nimm einfach das Nasse raus und die Äppel. Und Smarty liebt es, sein Heu in der Späne zu vergraben, das muss auch raus. Wird ja auch nass und stinkt.
Du musst dann darauf achten, dass die schlechten Atmer nasses Heu bekommen.
Hast du eigentlich einen Sattel mitgebracht und ne Trense? Wenn nicht, ich hab noch altes Zeug da. Das kannst du wirklich gern haben. Ist nicht mehr das schönste. Aber zum Anfang reichts.
Und du willst Jockey werden? Bist ganz schön groß!“
Punkt.
Meine Ohren surrten und mein Hirn versuchte das gerade in einem Affenzahn Gehörte in eine Ordnung zu bringen. Fragen von Infos trennen und dabei misten. Chiara hielt kurz mit dem Misten inne und sah mich erwartungsvoll an. Sie grinste. „Sorry, freu mich, dass jemand Neues da ist. Glaub, du bist in Ordnung.“
In dem Moment fragte ich mich kurz, woher sie das wissen wollte. Schließlich hatte ich erst einen Satz mit ihr gewechselt.
Sie mistete fröhlich weiter, nahm frische Späne vom Rand und verteilte sie in der Mitte der Box.
„Ich würde mich freuen, wenn ich dein Sattelzeug bekomme. Ich habe keins.“
Sie drehte sich grinsend zu mir. „Klar, kein Problem. Der Sattel ist nicht der bequemste, aber ich glaube ich habe noch ein Lammfellpolster. Bist du gewöhnt viel zu reiten? Nach dem zweiten Lot tut dir dein Arsch weh, wenn du es nicht gewohnt bist. Gewöhnst dich aber schnell dran, sag ich dir. Bei meinem früheren Trainer bin ich manchmal 10 Lot geritten. ZEHN weißt du?“
„Chiara, quatsch nicht so viel!“, ertönte eine Stimme, die ich noch nicht kannte. Ich zuckte zusammen, doch Chiara grinste nur. Kurz nach der Stimme streckte ein Mann seinen Kopf in die Box und grinste ebenfalls. Erleichterung machte sich in mir breit.
„Hey, ich bin Dennis.“, sagte der Mann.
„Alan.“, sagte ich kurz.
„Okay Alan – lass dir von mir einen Tipp geben. Chiara quatscht immer. Sie ist ein liebes Mädchen aber wenn du ihr Gehör schenkst, dann na ja… du weißt schon.“
Ich schmunzelte kurz, sah die beiden kurze freudig austestende Blicke tauschen und dann einen Pferdeapfel in Dennis Richtung fliegen.
„Trainer scharrt schon mit den Hufen, los jetzt.“, griente Dennis und verzog sich.
„Los, wir machen die Pferde fertig.“, sagte Chiara und drängte plötzlich zur Eile. Schnell hatte ich ihr altes Sattelzeug und die Trense bekommen. Dazu ein altes Tuch ‚zum Drunterlegen wir haben ja keine 100 Satteldecken‘.
Chilli stellte sich als freundliche, winzig kleine Stute heraus. Sie schob mir sofort ihren fuchsfarbenen Kopf an die Brust und forderte eine kurze Zärtlichkeit. „Du bist ja eine Hübsche.“, murmelte ich.
„Weißt du wie’s geht? Ich zeig’s dir schnell. Kennst du dich eigentlich mit Rennpferden aus?“
Chiara hatte mir den Sattel aus den Händen genommen, warf das Tuch hoch und hob den Sattel auf den Rücken der Stute, ließ auf der anderen Seite den Gurt runter, kammerte reichlich aus und huschte wieder zu mir um den Gurt zu schließen.
„Mein Dad ist Trainer. Ich bin früher dort geritten, aber dann…“, ich unterbrach. Chiara sah mich an. Sie hatte ihre Kappe auf und die Haare im Nacken verknotet. „Ich bin seit 10 Jahren nicht mehr geritten.“
Sie sah mich fast verträumt an. „Das kommt wieder. Verlernt man nicht. Trenst du sie? Ich sattel meine und schmeiß dich dann hoch.“
Kurz wurde ihr Blick skeptisch, dann verschwand sie. Chilli war getrenst und ich hatte die Kappe (eine alte von Dennis) auf dem Kopf und eine Schutzweste (für Praktikanten) um den Oberkörper und trat mit der Stute raus auf die Stallgasse. Chiara erschien wenig später, warf erst Dennis auf eine hübsche Braune und kam dann zu mir. „Dennis reitet Sternchen und macht das Führpferd. Unsere beiden sind zwar schon drei, aber Trainer hat immer gern eine Erfahrene dabei.“
Ich nickte und dann versuchte sie mich auf die kleine Stute zu bekommen. Ich musste mir eingestehen, dass das nicht mehr so leicht wie früher ging. Als ich endlich im Sattel saß und nachgurtete sagte sie aber nur grinsend: „Da kommste schon wieder rein.“
Sie holte ihre Stute aus der Box und stieg von einer Putzbox aus auf. Zu dritt klapperten wir über den Hof und sahen eine Menge anderer Reiter. „Hier ist immer was los! Der Hofkomplex ist neu, alle frisch eingezogen. Ich wette das gibt nen riesigen Zickenkrieg. Weißt du, früher waren die Trainer weiter auseinander, hatten ganz eigene Höfe. Da war der Krieg zwischen den Trainern schon schlimm. Niemand kann irgendjemanden leiden. Selbst unser Trainer und der ist ja handzahm. Aber hier trifft es jeden. Dich wird’s auch treffen.“, sagte sie und ich guckte schräg nach hinten. Chiara saß auf ihrer Stute und musste sie ordentlich vorantreiben, damit diese nah an meiner blieb.
Chilli fühlte sich gut an. Meine Steigbügel hatte ich halblang eingestellt in der Hoffnung, dass das richtig war, aber meine Füße baumelten noch an dem schlanken Pferdekörper herab. Ganz automatisch folgte mein Becken ihren kurzen, schwingenden Tritten.
Verschwitzte Pferde kamen uns entgegen. Manchmal so viele, dass man nicht wusste, wo der eine Trainer aufhörte und die Gruppe des nächsten anfing.
„Alan, du siehst ganz schön komisch aus auf unserer Kleinen.“, rief Chiara von hinten. Sie hatte aufgegeben zu versuchen ihre Stute bei meiner zu halten und manchmal hörte ich sie aufmunternd reden. „Na los du fauler Vollmond! Schlafen kannst du danach wieder.“
Als unser Trainer mit einem Fahrrad an uns vorbei fuhr und seine Blicke über jedes der Pferde streifen ließ, wurde Chilli langsam heiß. Mit trabähnlichen Schritten folgte sie der Stute von Dennis, nahm den Kopf hoch und entzog sich erfolgreich dem Zügel.
Cool bleiben, Alan.
Es ging einen schmalen Weg an der Trainierbahn entlang, während auf dieser ein galoppierendes Lot an uns vorüberzog. Chilli tänzelte nun im Seitengang den Weg entlang und ich versuchte so ruhig wie möglich meine Füße in die Bügel zu stellen. Dennis bog nicht auf die Bahn ab, sondern auf einen großen Ring. „Alan, das ist unser Trabring!“, rief Chiara. Nun der Stimme nach zu urteilen noch weiter weg.
Er machte seinem Namen alle Ehre. Chilli betrat den Ring und trabte sofort los. Dennis sah sich um und grinste. „Wir drehen ganz in Ruhe und traben dann los. Chilli hat sich das angewöhnt mit dem lostraben.“ Wir zogen im Schritt die Gurte noch einmal nach.
Ich drückte meine Hände nach unten, blieb ruhig im Sattel sitzen und Chilli wendete im flotten Schritt hinter Dennis. Chiara kürzte ab, gab ihrer lahmen Stute einen Klaps und dann trabten wir los. Ich baute eine zweihändige Brücke aus dem Zügel und hob mich wie von selbst aus dem Sattel. Nicht weit, nur ein wenig. Es fühlte sich so gut an.
Die kleine Stute unter mir wurde von Runde zu Runde immer heißer, schwang die Beine und fiel einmal in den Galopp. Als wir im Schritt wendeten keuchte Chiara: „Alan, lass mich mal vor dich. Kannst mich auch als Arschbremse benutzen. Vielleicht stachelt Chilli ja Möndchen an.“
Es kamen auf der anderen Hand also noch mehr Probleme auf mich zu. Mondhopser trabte langsam, während Chiara sich auf ihrem Rücken abmühte und versuchte die immer größer werdende Lücke zu Dennis zu schließen. „Vollmond!“, schimpfte sie immer wieder und gab ihr einen Klaps.
Ich redete in aller Ruhe mit Chilli und in der letzten Runde lutschte sie tatsächlich etwas auf ihrem Gebiss herum und schnaubte ab. Die Freude in mir war so riesig, dass ich beinahe nicht mitbekommen hätte wie unser kleines Lot Schritt ging.
Dann ging es auf die Bahn.
„Dennis, mach ruhig, ja? Chiara, setz dich durch.“, sagte der Trainer als wir an ihm vorbeigingen. Mich sah er nur mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte an.
In meinen Adern floss so viel Adrenalin, dass ich nichts mitbekam und der Galopp rasend schnell verging. Ich saß noch auf Chilli und mir war schweineheiß. Da ging es mir gleich wie Chiara, die mindestens genauso schnaufte wie ihre Stute. „Die macht mich alle!“, sagte sie, legte der Stute dann aber doch ihre Arme um den Hals und küsste ihren Mähnenkamm.
Ermüdet und am langen Zügel laufend klapperten wir zum Stall zurück, brachten die Pferde in die Maschine, schmissen alle unser Sattelzeug auf den Stallboden und misteten die drei Boxen. Jeder „sein“ Pferd.
„Alan, kommst du? Wir holen die Stuten rein. Dein nächster ist Mushu. Trainer findet dich wohl toll. Du hast beide Hengste an der Tafel.“
Mushu war ein wunderschöner Hengst, biss aber gleich beim Satteln ein Stück meines Pullovers ab, um es mir vor dem Trensen wieder stolz in die Hand zu drücken. Ich sah von dem Hengst zum Fetzen und wieder zurück. Dieser sah mich nur aus wachen, prüfenden Augen an.
„Der macht eigentlich nichts. Oh.“, sagte Chiara und sah den Stofffetzen in meiner Hand. Sie grinste.
„Na ja nur manchmal…“, fügte sie hinzu.
Wenig später (Dennis hatte mich raufgeschmissen) trabten wir hinter vielen anderen im Trabring herum. Dennis murrte weil ‚die anderen ihre lahmen Gäule nicht ordentlich traben konnten‘. Eine Trainingsreiterin eines anderen Trainers hörte das und keifte ihn an: „Dafür halten unsere Pferde länger! Ihr brettert hier immer rum! Lauf doch vorbei wenn du kannst!“
… und steuerte ihren behäbigen Braunen mitten in die Mitte, sodass kein Vorbeikommen mehr war.
Mushu spielte sich etwas hoch, biss dem gutmütigen Applejack einmal fast in den Hintern (Chiara: ‚Ich bekomm immer die lahmen!‘) und schlug kräftig nach einem zu nah kommenden Pferd aus. „Hengst!“, sagte ich nur laut nach hinten.
„Vollidiot, warum sagst du das nicht früher? Meine Fresse!“, entgegnete er mir. Ich schüttelte lahm den Kopf. Das konnte ja hier wirklich witzig werden.
Als ich von Mushu stieg taten meine Beine höllisch weh. Ich zog eine Grimasse, sattelte ihn ab und ging dann mit ihm in die Führmaschine, um ihn abzutrensen und laufen zu lassen.
„Misten wir noch die Boxen und dann gibt’s Frühstück.“, sagte Chiara grinsend. Als wir den Stall betraten, roch es schon nach Kaffee, doch erst einmal wartete auf jeden von uns eine dreckige Box.
Wenig später saßen wir in einer kleinen Kammer, die mit Pferdebildern, verstaubten Trophäen, leerer und voller Sektflaschen und sehr viel Staub vollkommen überladen war.
Ich starrte die dunkle Soße in meiner Tasse an. „Trinkst du keinen Kaffee? Wir haben auch Tee.“
„Das wäre lieb… ich…“ mach mir den auch selbst… - wollte ich sagen
Chiara sprang auf. Dennis und der Trainer schüttelten beide den Kopf und vertieften sich dann in ein Gespräch über Pferde, nächste Starts und bevorstehende Meetings.
„Dein Tee.“, sagte Chiara und riss mich aus meinen Gedanken. Sie zog einen Stuhl neben mich, sodass sie fast auf meinem Schoß saß und grinste mich an. „Mushu ist toll oder?“, sagte sie. Ich nickte, sah sie an und nippte an meinem Tee. „Irgendwann hat man so seine Lieblinge. Ich fahre auch gern mal auf Reisen, wenn mich Trainer lässt. Ich mag Vollmond, weißt du? Sie ist zwar faul, aber ich liebe sie.“
Die beiden Männer lachten laut. „Welches Pferd liebst du nicht, Chiara?“, fragte Dennis. Chiara überlegte ernsthaft und hatte dann sogar eine Antwort: „Unruh.“
Das war mein „Einsatz“. Denn ich lernte Unruh kennen.
Er war mein Trainingspferd.

Der schwarze Kopf stieß unerwartet nach unten und zog mich weit mit sich ins Ungleichgewicht. „Hey Schwarzer…“, murmelte ich beruhigend, als ich mich wieder gefangen hatte. Den Trab auf dem Trabring hatten wir irgendwie überstanden. Mit angelegten Ohren war er hinter Chiaras Wallach hergetrottet und immer wenn ich versuchte, ihn anzutreiben quittierte er das mit einem Ausschlagen und dem Schlagen des Schweifes.
Das erste Mal an diesem Tag sagte der Trainer etwas beim Verlassen des Trabrings zu mir: „Halte ihn hinter Kometstern und mach ganz ruhig.“
Ruhig machen – das lernte ich heute – war bei Unruh ein Ding der Unmöglichkeit. Seine schwarze Mähne flatterte mir im Galopp um die Nase, so hoch reckte er seinen Kopf. Dazu wechselte er alle paar Tritte das Führbein und baute dazwischen ein paar Luftsprünge.
Vergeblich drückte ich meine Hände tief auf seinen Hals, stellte mich hoch in die Bügel und verlagerte mein Gewicht nach hinten. Wie blieben zwar hinter Kometstern aber das war auch das einzig Positive.
„Wir arbeiten daran.“, sagte der Trainer nur, als ich müde aus dem Sattel rutschte und glaubte, dass mich meine Beine nicht mehr halten konnten.
Den Rest des Tages bis zum Mittag begleiteten mich meine auf das Übelste schmerzenden Knochen. Wir misteten die Boxen, ritten noch ein Lot (welches mich noch fertiger machte – ein lebhafter Wallach), misteten weiter, gaben Heu, äpfelten alle Boxen noch einmal ab, harkten die Maschine und fegten den Stall. Gegen 12.30 waren wir dann fertig und lediglich Dennis und der Trainer gingen durch den Stall und fütterten.
Ich hielt mich an der Stalltür fest und hatte die Augen halb geschlossen. Chiara grinste. „Heißes Bad und dann bist du morgen wieder fit. Dennis und ich machen heute Abend den Stalldienst. Du bist dann morgen dran, ja? Wo wohnst du eigentlich? In der Nähe? Kann dich auch mitnehmen. Ist gar kein Problem. Oder hast du ne eigene Karre? Ich…“ Der Rest verschwamm.
Ich hörte nichts mehr und starrte sie nur an. Als sie das bemerkte sah ich sie lachen und sie stieß mich grinsend an der Schulter an.
„Ey Alan, sei nicht so ein Weichei. Komm, ich fahr dich nach Hause.“, sagte sie, packte meinen Unterarm und zog mich zum Parkplatz.

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31.08.2011 15:12 Alan ist offline Email an Alan senden Beiträge von Alan suchen Nehmen Sie Alan in Ihre Freundesliste auf
 
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