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--- #1 - The First Day (http://gestuet-schwarze-perle.de/Rennstall/wbblite/threadid.php?threadid=14)


Geschrieben von Liam am 24.08.2011 um 19:51:

#1 - The First Day

Die dritte Nacht in meinem neuen Haus lag ich lange wach. Am nächsten Morgen würde mein Alltag wieder losgehen. Nur, dass ich schon wieder mit neuen Leuten und neuen Pferden klarkommen musste. Wobei die Pferde das eindeutig kleinere Problem waren.
Unruhig wälzte ich mich also von der einen zur anderen Seite und mein Blick fiel auf meine Kappe, die ich gestern wieder rausgesucht hatte. Ein Jahr war es her, dass ich auf einem Pferd gesessen hatte. Ein Jahr, das mir so endlos lange erschienen war, dass ich teilweise fast durchgedreht war.
Sie würden mich nicht wieder einstellen. Schließlich hatte ich ein Vierteljahr im Krankenhaus verbracht. So jemanden wieder einzustellen könnte ja das Image ruinieren. Schließlich könnte so ein Anfall ja jeder Zeit wiederkommen.
Der säuerliche Geschmack, der sich plötzlich in meinem Mund ausbreitete, blieb bis zu meinem Erwachen um kurz vor 5 und ließ sich auch nicht mehr vertreiben. So machte ich mich fertig, schaufelte eine Packung Cornflakes in mich hinein, schnappte mir meinen Rucksack, in dem sich mein Helm und meine Sicherheitsweste befanden, und stapfte aus der Wohnung, die ich mir gemietet hatte.
Während ich durch die leeren Straßen von Baden Baden zu meinem neuen Arbeitsplatz schlurfte, befielen mich die trüben Gedanken der Nacht erneut. Doch dann zuckte ich mit den Schultern. Schließlich hatte ich Wilhelm Storp gesagt, dass es immer noch sein konnte, dass ich wieder einen Anfall bekam und dass das mein gesamtes Leben immer so bleiben würde.
Warum der Typ mich dann trotzdem noch eingestellt hatte, obwohl ich nicht mal zum Ausgleich behaupten konnte, dass ich die Pferde immer als Erste ins Ziel bringen würde, war mir schleierhaft.
Meine Schwester hatte sich sogar zur Feier des Tages richtig schön aufgesetzt für mich gefreut. Ihre kostbare Zeit war doch schließlich viel zu kostbar um sie mit so etwas wie mir zu verschwenden.

Da wurde ich plötzlich unsanft aus meinen Träumen gerissen, als ich unvermittelt in etwas, nein, in jemanden hinein rannte.
„Sachmal kannst du nicht aufpassen du Idiot?“, schnauzte mich auch sofort eine tierisch überheblich klingende Stimme an und ich sah auf. Vor mir stand ein Typ mit braunen Haaren, den ich wohl gerade dazu gebracht hatte, sich seinen Kaffee über das T-Shirt zu kippen.
„Tschuldiung“, murmelte ich und wollte mich an dem Typen vorbei drücken, als der mich zurückhielt.
„Glaub ja nicht, dass du mir einfach so davonkommst!“, keifte er, was mich nur dazu brachte skeptisch eine Augenbraue zu heben.
„Junge, mehr als entschuldigen kann ich mich auch nicht. Oder willst du mein T-Shirt haben?“ Ich atmete tief ein und merkte schon, wie ich dabei war, mich wieder einmal aufzuregen. Gaaanz locker bleiben, Liam, sagte ich zu mir selbst und fixierte wieder meinen Gegenüber. Was konnte der mir denn schon? Morgen würde er mein Gesicht wahrscheinlich schon wieder vergessen haben.
“Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss arbeiten.“
Mit diesen Worten riss ich mich von dem Kerl los und beeilte mich über die Ampel zu kommen, die für die Fußgänger schon wieder auf Gelb war. Warum gab es bitte bei Ampeln die Zwischenstufe Gelb? Die Autofahrer und Fußgänger behandelten es doch sowieso wie Grün.

Endlich bei meiner neuen Arbeitsstelle angekommen, blieb ich erstmal in der Einfahrt stehen und ließ meinen Blick schweifen. Mein Trainer würde mich in Stall 2 erwarten. Ein Blick auf die Uhr bestätigte mir, dass ich knapp dran war und so blieb mir nicht besonders viel Zeit um in die Gegend zu gucken. Langsam kroch die Aufregung allerdings doch in meine Glieder und ich versuchte tief durchzuatmen. Das Schlimmste, was mir passieren konnte, war schließlich, dass sie mich im hohen Bogen wieder raus warfen. Mit diesem ermunternden Gedanken setzte ich mich wieder in Bewegung.

Vorsichtig betrat ich den Stallkomplex von „meinem“ Trainer und blickte mich erstmal vorsichtig um. Doch wieder blieb mir nicht viel Zeit, um mich in Ruhe umzugucken, denn Wilhelm kam schon mit energischen Schritten auf mich zu.
„Guten Morgen“, sagte ich und war froh meinem Trainer im Stall zu begegnen, denn der Geruch der Pferde und die leisen Hintergrundgeräusche, die diese fabrizierten, hatten eine seltsam beruhigende Wirkung auf mich.
„Ich denke mal, sie sind Liam McJean.“, begrüßte mich dieser kurz und musterte mich von oben bis unten.
„Ja.“
In den anderen Ställen, in denen ich gearbeitet hatte, hatte ich mir angewöhnt, Trainern immer nur kurz zu antworten und so wenig Fragen wie möglich zu stellen. Alle wichtigen Informationen erhielt man auch so, oder man fragte einfach die anderen Personen im Stall. So konnte man den Trainern nicht unbedingt sofort negativ auffallen.
„Dein erstes Pferd heute wird Spectacular Amour. Aber bevor du dir darüber Gedanken machst, kannst du dich erstmal nützlich machen.“
Mit diesen Worten deutete er auf eine leere Box neben uns. Ich nickte kurz und schaute mich nach einer Mistgabel um. Kurz darauf fand ich sogar noch eine Schubkarre dazu und so machte ich mich an die Arbeit. Die Aufregung vom Anfang war komplett verschwunden und langsam fing ich an mich zu entspannen.

„Du bist der Neue, oder?“, riss mich plötzlich eine Männerstimme aus meinen Gedanken. Ich fuhr etwas erschrocken herum, hatte mich aber sehr schnell wieder unter Kontrolle. „Ja, Liam.“, erwiderte ich.
„Ich bin Flavio. Wenn du willst, stell ich dir kurz die Anderen vor und zeig dir, wo du alles finden kannst.“
„Das wär klasse, ich will nur noch schnell die Box zu ende machen.“, antwortete ich unsicher und erntete dafür ein Grinsen von Flavio. „Klar, kein Problem. Ich bin mit dem Füttern schon durch. Komm einfach zu mir, wenn du fertig bist.“
Um ehrlich zu sein hätte ich den ganzen Tag auch sehr gut überstanden, wenn ich alleine mit Wilhelm gewesen wäre, doch früher oder später würde ich wohl mit den Anderen zusammentreffen und da war es wahrscheinlich besser, das so früh wie möglich zu machen.
So beeilte ich mich mit der Box, leerte noch die Schubkarre aus und ging dann zurück in den Stall. Flavio erwartete mich dort schon und so liefen wir kurz darauf durch den Stall. Zuerst lernte ich Lucy und Elke kennen, die ebenfalls damit beschäftigt waren die Boxen auszumisten. Wir hielten ein bisschen Smalltalk, bis uns eine überheblich Klingende Stimme, die mir irgendwie bekannt vorkam, unterbrach: „Ihr seid hier nicht zum quatschen! Und die Boxen machen sich nicht von alleine. Hat einer von euch schon gefüttert? Aber bei euch muss man sowieso immer alles selber machen!“ Vorsichtig hatte ich mich umgedreht, drehte mich aber schneller, als ich es mir je zugetraut hätte wieder um und biss mir in die geballte Faust um nicht laut loslachen zu müssen. Die Anderen bedachten mich mit einem fragenden Blick, doch ich schüttelte nur stumm den Kopf.
„Was gibt’s da zu lachen, Neuer?!“,
„Nix. Es ist …. nix.“, antwortete ich und war froh, dass meine Stimme einigermaßen normal klang.
„Ähm, Callum, das ist Liam. Und Liam, das ist Callum Doyle.“
Mit einem großen spöttischen Grinsen auf dem Gesicht, dass ich einfach nicht unterdrücken konnte, drehte ich mich erneut um und sah Callum geradewegs ins Gesicht. Einen Moment sah man es in seinem Gesicht arbeiten, bis seine überhebliche Miene eine wütende Note bekam.
„Du?!?“
„Ich. Ironie des Lebens nicht wahr? Aber schau mal einer an. Umgezogen und einen neuen Kaffee dazu. Besser kann es doch nicht gehen, oder?“
Doch anstatt etwas zu erwidern, setzte Callum wieder sein Pokerface auf und stiefelte mit hoch erhobenem Kopf an uns vorbei. Das konnte ja noch lustig werden ...
Nachdem von ihm nichts mehr zu sehen war, schilderte ich den Anderen kurz die Begegnung, bei der Callum und ich uns das erste Mal „kennengelernt“ hatten.
Doch bevor wir uns großartig darüber austauschen konnten, kam Wilhelm in den Stall zurück und wir machten uns schnell wieder an die Arbeit.

Irgendwann gab Wilhelm dann die Anweisung, dass wir unsere Pferde fertig machen sollten. „In einer Viertelstunde sitzt ihr alle auf euren Pferden, klar?“
So ließ ich mir von Flavio noch schnell zeigen, wo ich das Putzzeug, die Trainingssättel und die Trensen finden konnte und betrat dann mit klopfendem Herzen die Box von Spectacular Amour.
„Hallo, mein Junge“, begrüßte ich ihn und ließ ihn kurz an meiner Hand schnuppern. Dann begann ich ihn mit geübten Handgriffen zu putzen. Ein Jahr war es her, seit dem ich das letzte mal bei einem Pferd in der Box gestanden hatte, um es fertig zu machen.
Doch viel Zeit blieb mir für meine Gefühlsdusseligkeiten nicht. Flavio schaute nochmal kurz bei mir vorbei, kehrte dann allerdings relativ schnell wieder zu seinem eigenen Pferd zurück, als er sah, wie routiniert ich meinen Wallach fertig machte.
Nach dem Trensen setzte ich mir meinen Helm auf, zog mir meine Sicherheitsweste an und wartete darauf, dass wir die Pferde aus den Boxen führen sollten.

Als Lucy dann mit ihrem Pferd die Box verließ, tat ich es ihr gleich und wartete auf Wilhelm, der anscheinend zu jedem ging, kontrollierte, nachgurtete und einen dann auf sein Pferd schmiss. Schließlich war ich dann an der Reihe, doch er verlor kein Wort an mich. Allerdings spürte ich seinen Blick im Rücken, als er dann zu Flavio weiterging. Doch das war mir eigentlich im Moment egal. Hauptsache ich saß endlich wieder im Sattel.
Kurz klopfte ich dem Braunen den Hals, doch da war Wilhelm auch schon mit Hilfe von Elke aufgestiegen. Ganz am Anfang unseres Lots ritt Callum auf Doubleplusgood, einer braunen und anscheinend etwas aufgedrehten Stute. Vor mir saß Lucy auf Short Changed, der aber im Gegensatz zu der Stute von Callum sehr ruhig wirkte. Hinter mir kamen dann noch Flavio und Wilhelm, die aber auf Pferden ritten, dessen Namen ich noch nicht kannte.

„Dann mal los. Callum, wir machen wieder ein bisschen Konditionstraining. Lucy, du weißt ja jetzt wie das hier abläuft und Liam, du müsstest es ja aus eigener Erfahrung eigentlich auch wissen.“
Ich nickte wieder kurz, fasste die Zügel ein bisschen nach und folgte Lucy zur Sandbahn.
Callum schien ein wenig Schwierigkeiten damit zu haben seine Stute davon abzuhalten, sofort loszustürmen, doch er setzte sich erfolgreich durch. Soviel musste man ihm lassen, reiten konnte er.
Spectacular blieb allerdings ruhig, schnaubte gelegentlich und schien noch ein wenig vor sich hin zu dösen. Das sollte ich allerdings ändern, als Callum überraschend in einen flotten Trab wechselte.
„Jetzt sind wir wenigstens Beide wach“, lachte ich leise und konzentrierte mich ein wenig mehr auf Callum, da dieser anscheinend das Tempo und die Tempowechsel vorgeben durfte.
Mit der Zeit fand ich mich immer besser in die Bewegungen von meinem Braunen ein. Doch irgendwie konnte ich meine Gedanken noch nicht ganz bei mir behalten, denn den Gangartenwechsel in den Galopp verpasste ich natürlich wieder. Da ich Spectacular so auch keine Galopphilfe gab, trabten wir eine kurze Zeit noch munter fröhlich weiter. Bevor Wilhelm allerdings etwas sagen konnte, fiel mir mein Fehler allerdings auf und ich gab Spectacular eine wohl etwas zu starke Galopphilfe, denn der stürmte erstmal in einem ordentlichen Tempo los. Seine Galoppsprünge waren allerdings so fließend, dass ich keinerlei Probleme hatte mich auf seinem Rücken zu halten. Ich wusste nicht, ob ich schon in Trab in den Jockeysitz gewechselt war, doch ich hätte am liebsten aufgejauchzt vor Freude, als wir unsere kleine Aufholjagd begannen. „Liam, Tempo runter und aufpassen!“, erschall da auch schon von hinten die Stimme von Wilhelm, doch da hatten wir bereits zu den Anderen aufgeschlossen, sodass ich das Tempo so oder so hätte drosseln müssen. Am liebsten wäre ich natürlich einfach an den Anderen vorbeigezogen, hätte Spectacular einfach laufen lassen und mich nur noch gefreut, so was wieder erleben zu dürfen, doch ich beherrschte mich. Sich so etwas direkt am ersten Arbeitstag zu leisten wäre wohl kein guter Einstieg.
Irgendwann kam nochmal eine kleine, ungewollte Temposteigerung von Doubleplusgood, doch wirklich aus dem Kanter heraus kamen wir nicht.

Schließlich parierte Callum seine Stute wieder zum Trab durch. Wie ich schließlich feststellte, war auch Spectacular ein wenig aus der Puste und es zeichneten sich schon ordentliche Schweißflecken auf seinem braunen Fell ab. Wir ließen die Pferde noch ein wenig traben, parierten dann durch zum Schritt und verließen die Sandbahn dann wieder. Als ich mich noch einmal umdrehte, zog bereits das nächste galoppierende Lot auf der Sandbahn seine Runden.

Bevor ich mich aus dem Sattel gleiten ließ, lobte ich Spectacular noch und brachte ihn dann zusammen mit den anderen zur Führanlage, um mich dann seiner Box zu widmen. Callum stiefelte noch bei mir vorbei, um mir einen vernichtenden Blick zuzuwerfen, doch ich kümmerte mich nicht darum. Über die Grimasse, die Lucy ihm dann allerdings schnitt, musste ich trotzdem grinsen. Sollte er mich doch bei Wilhelm anschwärzen. Denn der würde sich, da war ich mir ganz sicher, erstmal sein eigenes Bild von mir machen. Und bis auf meine kleine Träumerei im Trab hatte ich mir ja schließlich noch nichts zu schulden kommen lassen.

Ich hatte gerade wieder mal eine der Schubkarren weggebracht, als Elke mir Bescheid gab, dass wir jetzt eine kurze Pause hatten. So gesellte ich mich zu den Anderen, trank ein bisschen Kaffee, blieb allerdings größtenteils stumm. So langsam machte sich die letzte Nacht nämlich bei mir bemerkbar. Während ich versuchte nicht zu oft zu gähnen, schienen die Anderen ziemlich munter zu sein. „Das gibt sich nach ein paar Tagen“, grinste Flavio mir zu und ich murmelte ein halblautes „Hoffentlich“.
Ein Jahr ausschlafen und dann wieder vor 5 aufstehen war doch eine ordentliche Umstellung. Auch wenn ich das vielleicht nicht wahrhaben wollte und gedacht hatte, es würde einfach alles so sein, wie immer.
Leicht unruhig geworden fing ich an, mit den Fingern auf die Lehne meines Stuhls zu trommeln.
Doch da stand Wilhelm schon wieder vor uns und verteilte die Pferde für das nächste Lot. Während er in meinen Augen kein Ende mehr finden wollte, breitete sich in mir ein sowohl bekanntes wie auch gehasstes Gefühl des Schwindels aus. Nein, nein, nein, nein, Nein!Nicht am ersten Arbeitstag. Nicht schon nach zwei Stunden. Nicht ...
„Liam? Alles in Ordnung?“, riss mich da Lucys Stimme aus meinen stummen Gebeten und ich sah ein wenig erschrocken auf. „Ähm .. ja klar, alles Bestens.“, sagte ich schnell und versuchte meine Stimme normal klingen zu lassen.
„Du bist so weiß wie die Wand.“
„Das ähm … kommt von der Müdigkeit. Bin das frühe aufstehen nicht mehr gewohnt, weißt du?“, versuchte ich mich aus der Situation herauszubringen und war tierisch froh, als Wilhelm mit einem barschen „Wenn es euch nicht interessiert, was ich euch sage, dann könnt ihr gehen, klar?“ verhinderte, dass ich noch irgendwas sagen musste. Doch auch ihm war meine Bleichheit wohl nicht entgangen und er musterte mich scharf. Entschlossen erwiderte ich seinen Blick, um nicht durchblicken zu lassen, wie dreckig es mir in diesem Moment ging.
„Dann macht mal die Pferde fertig. Wir sehen uns in einer Viertelstunde!“

In der Box von Nemesis, meiner nächsten Kandidatin, angekommen, lehnte ich mich erstmal gegen die Boxenwand. „Oh scheiße“, fluchte ich leise, riss mich dann aber zusammen und machte mich daran die etwas zappelige Stute fertig zu machen. Nemesis war eine hübsche Dunkelbraune Stute, die anscheinend ihren Spaß daran hatte mich ein wenig zu ärgern. Sei es nun dadurch, dass sie mir leicht in den Hintern zwickte, wenn ich ihre Vorderhufen auskratze oder sie mir erstmal die Sattelunterlage klaute um diese dann in ihrem Futtertrog zu versenken. „Mädchen, ne“, grinste ich die Stute an, nachdem ich sie endlich fertig hatte, „Nur Blödsinn im Kopf, was?“

Dann ging es aber auch schon wieder raus auf die Sandbahn. Nemesis versuchte zwar in ihrem Übermut immer wieder der Stute von Flavio, der in diesem Lot vor mir ritt, in die Schweifrübe zu zwicken, doch ich konnte sie erfolgreich davon abhalten.
Ihre Schritte waren ein wenig tippeliger als die von Spectacular und sie wurde auch von Minute zu Minute unruhiger. Ich musste mich selber immer wieder ermahnen zur ruhe zu kommen und da half Nemesis Verhalten mir nicht unbedingt bei.
„Halt sie im Kanter ruhig, sonst brennt sie dir durch“, vernahm ich noch die Stimme von Wilhelm, als Callum, der wieder an der Spitze ritt, seinem Pferd die Galopphilfe gab.
„Wohoo, Mädchen, hiergeblieben“, murmelte ich, als Nemesis auch sofort in seinem sehr flotten Tempo ansprang und erstmal direkt aufs Gaspedal treten wollte.
Ich verlagerte mein Gewicht nach hinten, versuchte meine Hände noch ein wenig tiefer zu nehmen und war kurz darauf schon damit beschäftigt ein paar unwillige Bocksprünge auszusitzen, die mir nur noch deutlicher zeigten, dass die Hübsche unter nicht kantern, sondern rennen wollte.
Grinsend bemerkte ich noch dazu, dass Nemesis ein Ohr auf mich gerichtet hatte, wie als würde sie nur darauf warten, dass ich ihr ein „Los jetzt!“ oder ähnliches ins Ohr flüstern würde und sie dann endlich losstürmen durfte.
„Tut mir Leid, Mädchen, aber heute nicht“, flüsterte ich leise und Nemesis quittierte das nur mit einem resignierten Schnauben, was das Grinsen auf meinem Gesicht nur noch breiter werden ließ.
Den Rest des Kanters blieb sie dann brav, doch als ich sie nach dem Training zum auslaufen in die Führanlage brachte, war es mir, als ob sie mir mit einem Blick hinterher blicken würde, der besagte 'Das nächste Mal, Kleiner, rennen wir!'

Dadurch, dass ich Nemesis Box heute morgen schon ein wenig gemistet hatte, hatte ich nicht mehr so furchtbar viel zu misten und so ging ich noch zu Lucy rüber. Ich war zwar eigentlich nicht der extrovertierte Typ, doch was nutzte es schon alleine in einer sauberen Box herumzuhocken?
„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte ich sie lächelnd und sie schaute ein wenig überrascht auf.
„Schon fertig mit deiner Box?“
„Wär ich sonst hier?“
Sie zuckte mit den schultern, grinste dann aber: „Wenn du schon mal hier bist darfst du gerne die Schubkarre ausleeren.“
„Vielen dank für diese edle Aufgabe, Miss“, grinste ich zurück, schnappte mir die Schubkarre und war schon wenige Augenblicke Später wieder da.
„Wenn du schon gerade dabei bist, darfst du meine gerne auch ausleeren“, hörte ich Flavios Stimme aus einer der Anderen Boxen, doch da kam Wilhelm schon wieder in den Stall gerauscht und erwiderte, bevor ich selbst irgendwas sagen konnte: „Das wirst Du hoffentlich noch gerade eben selber schaffen, Flavio! Und wenn nicht können wir das nach dem nächsten Lot gerne ein bisschen üben.“
„Ich kriegs so hin“, antwortete Flavio wie aus der Pistole geschossen und fast erwartete ich von Wilhelm noch so etwas zu hören wie „Dann zeig doch mal“, doch der blieb stumm.
„Da wir das dann ja geklärt hätten, können wir ja zur Pferdeverteilung fürs 3. Lot kommen. Lucy, du nimmst Nur einmal noch, Liam du nimmst Runstar und Flavio nimmt Sonne. Was steht ihr dann noch rum? Macht die Pferde fertig!“

Gesagt, getan. So saß ich schon kurze Zeit später wieder auf dem Rücken eines Pferdes. Diesmal war es Runstar, ein vierjähriger Fuchswallach, bei dem ich schon auf dem Weg zur Sandbahn merkte, dass ich hier auf einem ziemlichen Gegenteil zu Nemesis saß. Runstar schaukelte gemächlich hinter den anderen her und schien noch nicht wirklich viel davon zu halten, sich auch nur einen Ticken schneller zu bewegen.
„Liam“, hörte ich da hinter mir Wilhelm und drehte mich um. „Ich glaube die könntest du gebrauchen“ , fügte er hinzu und dankbar nahm ich die Gerte, die er mir hinhielt.
Kaum spürte Runstar, dass ich jetzt etwas in der Hand hielt, schnaubte er, schüttelte den Kopf und wurde tatsächlich schneller. So schlossen wir bei der Sandbahn wieder zu den Anderen auf und Callum warf mir von vorne einen weiteren abwertenden Blick zu.
„Achte darauf, dass deine Hilfen korrekt sind, sonst nimmt Runstar sie nicht an“, hörte ich wieder Wilhelm zu mir sagen und war erstaunt. So viele Worte hatte mein Trainer den ganzen Tag noch nicht mit mir gewechselt.
Runstars Trab war sehr gemächlich, was mich jedoch nicht davon abhielt ihn die ganze Zeit so zu triezen, dass kein zu großer Abstand zwischen mir und Flavio entstand. Irgendwann hatte der Wallach wohl kapiert, dass ich ihn nicht unbedingt in Ruhe lassen würde, wenn er weiter so herum schnarchte und so hielt er im Galopp von alleine den richtigen Abstand zu Sonne.
Inzwischen war es schon wieder deutlich wärmer geworden und auch die Sonne hatte sich zwischen den Wolken hindurch gekämpft um jetzt lachend auf die Welt unter ihren Füßen blicken zu können.

„Spritzt die Pferde ab, bevor ihr sie in die Führanlage schickt. Und füttert erst, sobald alle Pferde in ihren Boxen stehen. Dann wird noch die Stallgasse gefegt und es werden noch die anderen anstehenden Arbeiten gemacht. Wenn ihr mit allem fertig seid, könnt ihr gehen.“, gab Wilhelm uns noch unsere letzten Anweisungen für den Tag, während wir uns wieder auf den Rückweg zum Stall machten.
Um schneller fertig zu sein, teilten wir uns auf und ich begann schon mal damit die Stallgasse zu fegen.
Als dann auch die letzten Pferde in ihren Boxen waren, begannen wir mit der Mittagsfütterung, verteilten nochmal neues Heu, holten nochmal die neuen Äpfel aus den Boxen der Pferde, fegten nochmal die Stallgasse und harkten zum Schluss noch die Führanlage.

Das Schwindelgefühl hatte sich zwar im laufe des Tages verflüchtigt, die Müdigkeit kehrte jedoch wieder zurück und so döste ich schon im Stall ein bisschen vor mich hin, bis Wilhelm uns schließlich entließ.

„Morgen um 6 ist jeder wieder hier. Und wenn ich bitten darf ausgeschlafen!“
Das der letzte Satz sich ganz klar auf mich bezog, brachte mich noch zum grinsen, doch dann verabschiedete ich mich auch recht schnell von meinen neuen Arbeitskollegen - wobei ich mir bei Callum nicht verkneifen konnte, ihm noch ein extra zuckersüßes „Bis Morgen!“ zuzurufen - und machte mich auf den Weg nach Hause.


Ich hoffe, es gibt nicht zu viele Inhaltliche Fehler und der Bericht ist niht zu langweilig geworden. Eigentlich wollte ich zuerst auch nur in etwa so lang schreiben, wie die Anderen, aber irgendwie habe ich keinen richtigen Abschluss gefunden und dann einfach weitergeschreiben :'D
Ist an manchen Stellen noch ein bisschen holprig, aber ich hoffe das gibt sich mit der zeit, wenn ich mal wieder ein bisschen ins Schreiben reingekommen bin smile

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Geschrieben von Sabi am 25.08.2011 um 01:13:

Uii,
der erste ist fertig und dann auch gleich ein so langer?! =)
Finde den klasse.
Gut dass sich Liam da beherrschen konnte und nicht an den anderen vorbei gesaust ist, ich glaube das hätte Ärger gegeben. Nicht zuletzt mit dem Trainer selbst. ^^
Habe, wie du dir vielleicht schon gedacht hast, hier und da einen kleine Anmerkung *gg*
Short Changed ist ein Wallach *hihi*
Und was das Füttern angeht, das macht der Trainer selbst. Nur selten wird einer das "Angestellten" das übernehmen. Er weiß genau was die Pferde bekommen und wie viel. Vor einem Rennen gibt es hier und da noch das eine Zusatzpräparat.

Hmm... ich glaube Callum hat Liam gefressen, da musst du dir aber nichts draus machen. Der frisst so ziemlich jeden außer seinen eigenen Chef. Da muss er aufpassen, dass er nicht von Willi gefressen wird *lach*

Was heißt da holprig, ich fand es gut. Vor allem für den ersten?
Bin gespannt auf den nächsten =)

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Geschrieben von Mikael am 25.08.2011 um 13:47:

Hihihi,
mir hat dein Bericht sehr gut gefallen.
Fand es toll wie du Callum beschrieben hast, sowas bringt immer frischen Wind rein :p

Hmm, das mit dem Schwindel ist ja spannend, will mehr darüber wissen großes Grinsen Seehr mysteriös ^^
Bin gespannt wie es so weitergeht mit Liam. smile

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Geschrieben von Liam am 25.08.2011 um 13:54:

Na ja, der erste war es nicht, aber der erste für dieses jahr so in etwa xD
Autsch xD Da gehe ich das wohl mal flott verbessern xD


Danke an euch zwei großes Grinsen

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